Willkommen beim ITI Academy-Lernmodul „Provisorischer implantatgetragener Zahnersatz“ von William Martin.
Bei der Versorgung eines Patienten mit einer implantatgetragenen Restauration müssen die Zahnärzte entscheiden, ob sie zunächst ein Provisorium anfertigen oder direkt den endgültigen Zahnersatz einsetzen. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Dazu gehören die anteriore oder posteriore Position des Implantats, die Anzahl der Implantate, die Notwendigkeit der Gewebeformung, wie dies häufig bei benachbarten Implantaten im Frontzahnbereich der Fall ist, sowie die Notwendigkeit einer okklusalen Unterstützung. Auch die Wünsche des Patienten sind bei dieser Entscheidung gegebenenfalls mit zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt dieses Moduls stehen die Indikationen, Materialien und Techniken bei der Herstellung und Anwendung eines implantatgetragenen provisorischen Zahnersatzes.
Nach Abschluss dieses ITI Academy Moduls sollten Sie in der Lage sein, die Indikationen für einen implantatgetragenen provisorischen Zahnersatz zu erkennen, den geeigneten Typ des Provisoriums auszuwählen und anzugeben, welche Materialien zur Anfertigung des Zahnersatzes benötigt werden sowie die verschiedenen Herstellungstechniken aufzuführen.
Bei der Entscheidung, ob ein provisorischer Zahnersatz angefertigt werden soll, gilt die erste Überlegung der Position des Implantats. Viele Zahnärzte machen ihre Entscheidung über die Anfertigung eines provisorischen implantatgetragenen Zahnersatzes davon abhängig, ob die Implantate in der ästhetischen Zone platziert werden. Diese Empfehlung stützt sich auf die Konferenzberichte der ITI-Konsensuskonferenz des Jahres 2004. Unabhängig davon, ob mit einem teilgedeckten oder nicht geschlossenen Implantat gearbeitet wird, hilft die Gewebeformung bei einem Provisorium vor dem Einsetzen des endgültigen Zahnersatzes dem Zahntechniker im Labor dabei, einen Zahnersatz anzufertigen, der ein optimales Austrittsprofil ermöglicht und auch das Interdentalgewebe unterstützt. Dies ist umso mehr notwendig, wenn es sich um benachbarte Implantate in der ästhetischen Zone handelt.
Die Weichgewebekonturen in der ästhetischen Zone sind stark girlandenförmig und unterliegen einer Umformung, wenn ein Zahnersatz auf dem Implantat eingesetzt wird, der die periimplantäre Mukosa durchquert. Diese Zone wird auch als Übergangszone bezeichnet. Die Übergangszone lässt sich am besten beschreiben als das Gewebe, das den Bereich von der Spitze des Implantats bis zum Mukosarand einnimmt und durch den provisorischen Zahnersatz konturiert wird. Die hier gezeigten klinischen Bilder zeigen die Formung, die innerhalb einer kurzen Zeitspanne – in diesem Fall 4 Wochen – mit einem provisorischen Zahnersatz erreicht werden kann.
Provisorischer Zahnersatz bietet unter anderem folgende Vorteile: Er gibt die Möglichkeit, die Implantate funktionell zu belasten. Er hilft, die Approximal- und Okklusionskontakte aufrechtzuerhalten, während der endgültige Zahnersatz angefertigt wird. Die Wahrscheinlichkeit für die Migration der Nachbar- und Gegenzähne ist reduziert. Dadurch wird auch der Anpassungsbedarf beim Einpassen der endgültigen Restauration vermindert. Er sorgt für eine insgesamt größere Zufriedenheit beim Patienten. Und er sorgt für eine verbesserte Kommunikation mit dem Labor, da mit dem Provisorium die Konturen angezeigt werden, die für den Patienten nachweislich akzeptabel sind.
Indikationen, Lernschwerpunkte: Provisorischer Zahnersatz ist unbedingt zu empfehlen, wenn die Implantate in der ästhetischen Zone positioniert werden. Provisorischer Zahnersatz unterstützt die Formung des Gewebes in der Übergangszone. Auch wenn keine hohe Anforderung in puncto Ästhetik besteht, kann ein Provisorium indiziert sein, um bei Implantaten im Seitenzahnbereich die Approximal- und Okklusionskontakte zu erhalten.
Wenn die Entscheidung für die Anfertigung eines provisorischen Zahnersatzes gefallen ist, ist als nächster Schritt die Verankerungsmethode festzulegen. Wegen ihrer einfachen Anfertigung und relativ geringen Kosten sind zementierte Restaurationen weitverbreitet. Ist der Restaurationsrand tief – mit einer submukosalen Tiefe von mehr als 2 mm –, dann sollte die Zementlinie mithilfe eines individuellen Sekundärteils näher zum Mukosarand hin bewegt werden. Alternativ kann ein verschraubter Zahnersatz verwendet werden. Mehrere Methoden sind möglich – beispielsweise die Entlüftungstechnik (“Venting”) –, um überschüssigen Zement vor dem Einsetzen des Zahnersatzes abfließen zu lassen; welche anzuwenden ist, muss erwogen werden, wenn die empfohlenen Optionen nicht verfügbar sind.
Kürzlich ist das Interesse an verschraubten Provisorien wieder aufgelebt, da sie durch das Gewebe bis zur Implantatschulter durchgezogen werden können, um dadurch die Fähigkeit zur Gewebeformung in der Übergangszone zu verbessern. Sie beseitigen ferner das Problem des Einschlusses von überschüssigem Zement und sorgen für eine hohe Retention. Das Verfahren mag als schwer durchführbar erscheinen, aber es wurden mehrere Komponenten und Techniken eingeführt, die diesen Prozess vereinfachen. Die einzelnen Schritte werden später in diesem Modul behandelt.
Auswahl des provisorischen Zahnersatz-Typs, Lernschwerpunkte: Die Vorteile von zementiertem Zahnersatz sind niedrige Kosten und einfache Herstellung. Beim Zementieren eines Provisoriums sollte die Zementlinie nicht mehr als 2 Millimeter unterhalb des Mukosarands verlaufen. Verschraubter provisorischer Zahnersatz beseitigt das Problem von überschüssigem Zement, verbessert die Retention und kann zu einer effektiveren Gewebeformung in der Übergangszone beitragen.
Die Anfertigung eines provisorischen Zahnersatzes beginnt mit der Auswahl eines provisorischen Sekundärteils. Verschiedene Materialien und Konstruktionen für Provisoriumssekundärteile sind verfügbar. Die drei meistverwendeten Werkstoffe sind Polyether-Etherketon (oder PEEK), Titan und Polymethyl-Methacrylat (oder PMMA). PEEK-Sekundärteile werden häufig bei zementierten Restaurationen eingesetzt, da sie nicht geklebt werden können. In der Regel weisen sie Konturen auf, die die Präparation einer Zementlinie ermöglichen, die für die Reinigung zugänglich ist. Titan-Sekundärteile werden bei der Anfertigung von verschraubtem provisorischem Zahnersatz verwendet, während PMMA-Sekundärteile sowohl für zementierte als auch verschraubte Provisorien verwendet werden. Wichtig ist festzuhalten, dass die PMMA-Sekundärteile geklebt werden können, wenn ein Material mit PMMA-Kern verwendet wird.
Die nächste Komponente ist der Kronenformer; das ist die Matrix, die dazu dient, die Form des Zahnersatzes oder der Prothese zu erzeugen. Mehrere Optionen stehen zur Verfügung: Eine Vacuform-Matrix aus einem diagnostischen Wax-up – dies ist der am häufigsten verwendete Former –, eine vorgeformte Krone oder ein modifizierbarer Prothesenzahn, der auf das Sekundärteil geklebt wird; dies wird oft bei Restaurationen in der ästhetischen Zone getan. Schließlich kann in bestimmten Situationen auch der vorherige Zahnersatz des Patienten unterfüttert werden.
Sobald der Kronenformer ausgewählt ist, folgt das Kernmaterial. Auch dafür stehen mehrere Werkstoffe zur Auswahl. Unter anderem Methylmethacrylat, Ethylmethacrylat, Bisphenol-A-(di)-methacrylat oder Bis-GMA sowie lichthärtender Kompositkunststoff. Auch wenn die persönliche Präferenz bei der Wahl des Materials eine große Rolle spielt, so ist doch ein klinischer Faktor zu berücksichtigen: Das Material, das die Übergangszone durchquert, sollte glatt, hochglanzpoliert und frei von Hohlräumen und Schleifpartikeln sein.
Eine Reihe von Hilfs- und Zusatzmaterialien sind nützlich, um Komplikationen bei der Anfertigung des provisorischen Zahnersatzes zu vermeiden. Bei der Anfertigung eines verschraubten Provisoriums in der ästhetischen Zone kann ein Opaker verwendet werden, um das Titan-Sekundärteil auszublocken und ein „blaues“ Erscheinungsbild des Zahnersatzes zu vermeiden. Ein weiteres Hilfsmaterial ist das Ausblockmaterial, das in Unterschnitten bei den Nachbarzähnen eingesetzt werden kann. In Fällen, bei denen ein Sekundärteil oder eine Halteschraube verwendet wird, ist es wichtig, den Schraubenkopf für eine zukünftige Wiederentnahme zu schützen. Dies wird normalerweise mithilfe eines Teflonbands aus Polytetrafluorethylen (oder PTFE) erreicht. PTFE kann auf dem Schraubenkopf zusammengepresst werden, lässt sich leicht wieder entfernen und ist im Vergleich zu Baumwolle weniger anfällig für Bakterienbesiedlung. Das letzte Hilfsmaterial dient dazu, das Zugangsloch zu verschraubten Provisorien zu versiegeln. In der Literatur werden dafür u. a. Materialien wie Kompositkunststoff und Polyvinylsiloxan (oder PVS) genannt.
Bei der Anfertigung des provisorischen Zahnersatzes wird entweder ein intraoraler Behandlungsansatz verfolgt oder sie erfolgt extraoral im Labor. Die intraorale Herstellung ist aus klinischer Sicht vorteilhaft, weil die Notwendigkeit einer Implantatabformung und die damit verbundene Bearbeitungszeit im Labor entfällt; nachteilig kann jedoch die längere Zeit im Behandlungsstuhl sein. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieses Ansatzes sollte auf individueller Basis abgeschätzt werden. Bei einem Provisorium auf einem Einzelimplantat ist die intraorale Anfertigung meistens von Vorteil. Sind jedoch mehrere Implantate beteiligt, und ist daher die Behandlung komplexer und demzufolge auch die Zeit für die intraorale Anfertigung länger, dann ist die extraorale Anfertigung im Labor wahrscheinlich günstiger für den gesamten Prozess.
Die intraorale Methode beginnt mit der Auswahl und Platzierung des Provisoriumssekundärteils. In diesem Beispiel wurde ein Provisoriumssekundärteil aus Titan für die Herstellung einer verschraubten Restauration gewählt. Sobald das Sekundärteil platziert ist, wird es so angepasst, dass zwischen und innerhalb des Zahnbogens ausreichend Platz für das Kernmaterial gegeben ist. An diesen Schritt schließt sich dann das Opakisieren des Titans an, um eine Verfärbung des Provisoriums zu reduzieren. Unterschnitte an den Nachbarzähnen werden ausgeblockt, um ein Verhaken des Provisoriums im Mund zu vermeiden. Der Sekundärteil-Schraubenkopf, der das Sekundärteil auf dem Implantat sichert, wird anschließend mit Teflonband abgedeckt, um eine Wiederentnahme des Zahnersatzes zu ermöglichen.
Danach wird die Vacuform-Schablone platziert. Nach Aushärtung des Kernmaterials wird durch Herausdrehen der Sekundärteilschraube das Provisorium entfernt. Dem provisorischen Zahnersatz werden endgültige Konturen zugefügt, um das ideale Austrittsprofil in der Übergangszone herzustellen. Nach einer abschließenden Politur wird das Provisorium auf dem Implantat platziert und bis zu dem vom Hersteller empfohlenen Drehmoment angezogen; danach wird es wiederum mit Teflonband abgedeckt und das Zugangsloch versiegelt.
Der extraorale Ansatz unterscheidet sich vom intraoralen Ansatz dahin gehend, dass der Herstellungsprozess zum größten Teil im Labor stattfindet. Der Prozess beginnt mit dem Aufbringen von Abformkappen auf die Implantate – und zwar auf Implantatniveau –, oder auf den endgültigen Sekundärteilen auf Sekundärteilniveau. Dann erfolgt die Abformung. In diesem Beispiel wurde auf Implantatniveau eine Pick-up-Abformung genommen und an das Labor geschickt.
Die Abformung wurde dann aufgegossen, um ein Meistermodell zu erstellen, das dann – in gleicher Weise wie bei der intraoralen Technik beschrieben – zur Anfertigung der Provisorien verwendet wurde. Nach Fertigstellung wird das Provisorium zurück an den Zahnarzt geschickt, der es dann einsetzt.
Materialien und Techniken, Lernschwerpunkte: Zur Herstellung von Provisorien stehen verschiedene Provisoriumssekundärteile zur Auswahl. Sie sind aus unterschiedlichen Materialien wie PEEK, Titan oder PMMA gefertigt. Der Kronenformer wird dazu verwendet, um die Matrix zur Anfertigung des provisorischen Zahnersatzes zu erzeugen. Das Kernmaterial schafft das Fundament für das Provisorium und wird normalerweise nach der Präferenz des Zahnarztes ausgewählt. Verschiedene Hilfsmaterialien werden eingesetzt, um das Risiko für Komplikationen bei der Anfertigung des provisorischen Zahnersatzes zu reduzieren. Dazu gehören Opaker, Ausblockmaterial, Schraubenkopf-Schutz und Schraubenloch-Versiegler. Provisorischer Zahnersatz kann nach einer intraoralen oder extraoralen Methode hergestellt werden.
Modul „Provisorischer implantatgetragener Zahnersatz“, Zusammenfassung: Wenn Implantate in der ästhetischen Zone platziert werden sollen, ist ein provisorischer Zahnersatz unbedingt zu empfehlen. Die Vorteile von zementiertem Zahnersatz sind niedrige Kosten und einfache Herstellung. Zu den Komplikationen kann der Einschluss von überschüssigem Zement gehören. Beim Zementieren von Provisorien sollte die Zementlinie nicht mehr als 2 Millimeter unterhalb des Mukosarands verlaufen. Verschraubter provisorischer Zahnersatz beseitigt das Problem von überschüssigem Zement, verbessert die Retention und kann zu einer effektiven Gewebeformung in der Übergangszone beitragen. Bei der Herstellung von Provisorien werden zahlreiche Materialien, Komponenten und Hilfsstoffe verwendet. Wichtig ist, die verschiedenen Optionen zu kennen und zu verstehen und die Materialien zu verwenden, mit denen der Zahnarzt die besten Ergebnisse erzielt. Für die Anfertigung eines Provisoriums gibt es zwei Vorgehensweisen: den intraoralen und den extraoralen Ansatz.